Der Kirchberg in Allersburg

Wo Hausener Bach und Lauterach zusammenfließen, liegt, umgeben vom alten Ortsfriedhof, auf einem steil abfallenden Bergsporn die mauerumwehrte Kirche St. Michael von Allersburg - ein Ensemble von ungemein malerischer Wirkung, das heute kaum mehr erahnen läßt, daß hier oben über Jahrhunderte das kirchliche Zentrum des unteren Lauterachtals war.


Über dem Talknoten am Zusammenfluß von Hausener Bach und Lauterach liegt der mauerumwehrte
Kirchhof von Allersburg, über Jahrhunderte das pfarrliche Zentrum des unteren Lauterachtals.


Die Topographie
Allersburg, im Schnittpunkt zweier Täler gelegen, wird überragt von einem Ausläufer des Weinbergs, der die Kirche, den Friedhof und das ehemalige Schulhaus trägt. An seinem Fuß führte einst eine wichtige Fernhandelsstraße vorbei, die bereits 805 im Diedenhofer Capitulare Karls des Großen erwähnt ist. Sie kam von der Unterelbe und lief über Magdeburg, Forchheim, Ransbach und Hohenburg zum Naabübergang bei Premberg und von dort weiter nach Regensburg. Das Hausener Tal, an dessen Eingang Allersburg liegt, ist, wie das Vils- und das Lauterachtal, altes Siedlungsland. So fanden sich im nahegelegenen Malsbach Gräber aus der Merowingerzeit, also dem 8. Jahrhundert, was nich ausschließt, daß hier bereits vorher Menschen gelebt haben.

Die Kirche
Das Gotteshaus in Allersburg ist eines der ältesten in unserem Raum. In beherrschender Lage errichtet, sollte es, wohl wie in Vilshofen, den Anspruch des Christentums weithin sichtbar demonstrieren, zumal hier eine bedeutende Altstraße vorbeiführte. Seine erste urkundliche Nennung fällt in die Zeit des Regensburger Bischofs Erchanfried (847-864), der einem adeligen Priester namens David die Kirche zu Alarespurc übergibt. Schon damals war sie vermutlich Pfarrsitz. Als später die Grafen von Hohenburg die Herrschaft über das Gebiet an der unteren Lauterach ausübten, änderte sich daran nichts, auch nicht, nachdem 1257 das Hochstift Regensburg ihr Erbe antrat. Da bis zur Aufläsung des geistlichen Fürstentums im Jahre 1810 der Bischof Landesherr in dem kleinen Territorium an der Lauterach war, blieb, anders als in der benachbarten Oberpfalz, die Bevölkerung im 16.Jahrhundert katholisch.
Zwar gab es immer wieder Streit mit dem benachbarten Markt Hohenburg, das den Sitz der Pfarrei, die 17 Ortschaften und Weiler umfaßte, für sich beanspruchte. Es sollte aber noch bis 1964 dauern, bis im Zuge der Neugliederung des Pfarrsprengels nach der Schaffung des Truppenübungsplatzes Hohenfels dieser Schritt vollzogen wurde. Seither hat Allersburg keinen eigenen Geistlichen mehr. Der alte, im Tal gelegene Pfarrhof aus der Barockzeit ist heute verkauft.

Die Kirche hatte zumindest einen, vielleicht sogar zwei Vorläuger, wie die romanische Knotensäule an der Stelle des rechten Seitenaltars, das große Taufbecken außen vor der Nordwand sowie zwei Glocken aus dem 12. Jahrhundert bezeugen. In seiner Grundstruktur stammt das Gotteshaus mit dem schlanken, südseitigen Flankenturm aus gotischer Zeit. Bezeichnend für diese Epoche ist der eingezogene, im Vergleich zum Langhaus schmälere Chor, dessen Abschluß in drei Seiten eines Achtecks erfolgt. Ursprünglich nur einschiffig, wurde das Langhaus um die Mitte des 18. Jahrhunderts nach Süden zu in drei Arkaden geöffnet und um ein Seitenschiff erweitert, wodurch es sein asymmetrisches Frackdach erhielt. Das alte gotische Spitzbogenportal hat man dabei wiederverwendet.

Der Friedhof
Rund um die Kirche erstreckt sich noch der alte Ortsfriedhof, wie es seit einem Erlaß Karls des Großen bis in die Reformationszeit allgemein üblich war und in kleineren Orten auch heute noch vielfach der Fall ist. Da Allersburg Pfarrsitz für Hohenburg war, mußten die Marktbewohner bis um das Jahr 1650 ihre Toten hierher bringen. Der große Einzugsbereich und die beengten Platzverhältnisse rund um die Kirche führten dazu, daß man bei Bestattungen ständig auf die Gebeine früher Verstorbener stieß. Um ihnen ein würdiges Andenken und fromme Verehrung zuteil werden zu lassen, errichtete man, wie damals fast bei allen Friedhöfen, einen sogenannten Karner, also ein Beinhaus. Dieser war in der Regel doppelgeschossig. Während man im Gruftraum sauber geordnet die Gebeine stapelte, befand sich darüber eine Kapelle, in der Seelenmessen für die Verstorbenen gelesen wurden. Der dem hl. Leonhard geweihte Karner in Allersburg ist ein spätromanischer Zentralbau (Rundbau) aus der Zeit um 1200. Im 19. Jahrhundert baulich verändert, dient er heute als Leichenhaus. Architektonisch reizvoll ist die geostete Erkerapsis mit ihrer reich profilierten Konsole sowie das schäne Rundbogenportal auf der Westseite.

Die etwa 4 m hohe Wehrmauer mit dem gotischen Torbogen, die den Friedhof umschließt und in die auch der Karner eingebunden ist, entstand vermutlich während der Hussiteneinfälle Ende der zwanziger Jahre des 15. Jahrhunderts. Damals war auch die Burg in Hohenburg stärker befestigt worden. Zur ungeschützten Bergseite hin ist die Mauer höher und dort besaß sie einen Wehrgang, wie man an dem Absatz auf ihrer Innenseite sieht. Hielten diese Friehofsbefestigungen auch keiner größeren Belagerung stand, so boten sie doch der Bevälkerung mit ihrer beweglichen Habe einen gewissen Schutz vor Überfällen und Plünderungen.

Die Burg
Mit dem Ort werden zwei Edelgeschlechter in Verbindung gebracht, die beide als Ministerialen in den Diensten der Hohenburger Grafen standen: die Allersbacher und die Allersburger. Letztere, die erstmals 1130 greifbar sind, zwei Übte des Klosters Ensdorf stellten und im 14. Jahrhundert ausstarben, dürften ihre Burg im Tal gehabt haben. Heute finden sich davon, wie auch von dem Wasserschloß, das spätere ihre Stelle einnahm, keine Spuren mehr.

Die Burg der Allersbacher oder Alsbacher, die sich von 1126 bis 1210 und damit zeitgleich mit den Allersburgern nachweisen lassen, hat man bislang immer auf dem Berg gesucht. Dort stand aber von jeher die Pfarrkirche mit dem später befestigten Friedhof, so daß dies höchst zweifelhaft erscheint. Eher kommt dafür schon das 3 km talaufwärts entfernte Malsbach in Betracht, dessen Name im Laufe der Zeit aus Allersbach bzw. Alsbach umgebildet worden sein kännte. Auch der Hausener Bach hieß übrigens früher so.

1976 sind in Malsbach auf der hochwasserfreien Terrasse am westlichen Ortsrand die Grundmauern einer hochmittelalterlichen Turmburg ergraben worden. Sie bestand aus einem Rundturm mit 6,50 m Durchmesser, dessen Mauern zu ebener Erde eine Dicke von 2 m besaßen. Ihm war ein konzentrischer Mauerring vorgelegt, der an der Ostseite einen rechteckigen Anbau hatte. Die Lage der Burg in ebenem Gelände und die sauber geschichteten, kleinformatigen Kalksteinquader lassen für ihre Errichtung das frühe 12. Jahrhundert in Betracht kommen, was sich mit dem urkundlich belegten Auftreten der Allersbacher decken würde.

(aus: Der Eisengau - Band 7/1996/Mathias Conrad)



Die Stabkreuzplatte in Allersburg

In der malerisch über dem Lauterachtal gelegenen Kirche St. Michael zu Allersburg befindet sich einer der ältesteten und schönsten Grabsteine in unserem Raum, die Stabkreuzplatte des 1283 verstorbenen Ritters Heinrich von Kutzenhofen. Sie ist ein frühes Beispiel für diesen von der Mitte des 13. bis ins ausgehende 14. Jahrhundert verbreiteten Typ von Grabdenkmälern.


Der erst vor wenigen Jahren entdeckte Grabstein (rechts)
des 1283 verstorbenen Ritters Heinrich von Kutzenhofen
in der Kirche St. Michael zu Allersburg ist eine der
schönsten und ältesten Stabkreuzplatten in Ostbayern.
(Foto: Mainka)


Der Stein
Die heute innen neben dem Haupteingang an der Südseite stehend eingemauerte Steinplatte mißt 1,86 m in der Hähe sowie 0,78 m in der Breite. Ursprünglich war sie in das Kirchenpflaster eingelassen und deckte eine Grablege. Bei einem Umbau des Gotteshauses kam sie in den Boden, wo sie, geschützt vor weiterem Abtritt, bis zur letzten Renovierung im Jahre 1985 lag.

Stabkreuzplatten zeigen als beherrschendes Motiv ein Hochkreuz, dessen Fuß in der Regel aus einem gotischen Dreiberg, einem sogenannten Dreipaß, besteht. Hauptelement ist dabei stehts das Griechische (gleicharmige) Kreuz, welches sich nach unten in einer Stange fortsetzt. Dieses Grundschema aus Kreuz, Stange bzw. Stab und Sockel erinnert an ein Vortrage- und Reliquienkreuz. Vielfach ist auch ein linksgeneigtes Schild mit dem Wappen des Verstorbenen aufgelegt. Eine Umschrift verrät in der Regel den Namen des Bestatteten sowie das Sterbedatum.

Die ausnehmend gut erhaltene, sehr dekorativ gestaltete Allersburger Platte zeigt ein erhabenes Kreuz im Flachrelief, dessen mit Nasen besetzte Balken sich an den Enden kleeblattfärmig verbreitern. Es sitzt auf einer Stange, welche oben und unten von einem dreiwulstigen Nodus (= Verdickung in der Art eine Knaufes) begrenzt wird. Der Sockel hat die Form eines etwas gedrückten Dreibergs mit innenliegenden Blattmotiven. Das die gesamte Breite des Bildfeldes einnehmende, von einer Randwulst umschlossene Schild zeigt ein Beil, das Wappen der Kutzenhofer. Das umlaufende Band trägt eine Inschrift ingotischen Großbuchstaben, sogenannten Majuskeln, wobei die einzelnen Wörter durch Punkte getrennt sind. Sie lautet:
+ ANNO DNI M/CCáLXXXIIIáPXIMAáDOMINICAáPOST/
MICHAHELISá¯á/HEINRICáMILESáDEáCHIVZZEHOVENá
und läßt sich wie folgt auflösen: + Anno domini MCCLXXXIII proxima dominica post Michahelis obiit Heinricus miles de Chiuzzehoven (im Jahre 1283, am Sonntag nach dem Michaelstag - 29. September - starb Heinrich, Ritter von Kutzenhofen).

Der Bestattete
Allersburg war Hauptpfarrsitz der kleinen Herrschaft Hohenburg auf dem Nordgau, die, ursprünglich im Besitz der gleichnamigen Grafen, 1257 durch Erbvertrag an das Hochstift Regensburg fiel, wo sie bis zur Auflösung des geistlichen Fürstentums im Jahre 1810 verblieb. Man darf deshalb annehmen, daß, entsprechend den damaligen Gepflogenheiten, Adelige, die in den Diensten der Hohenburger Grafen und später der Regensburger Bischöfe standen, ihr Begräbnis in der Pfarrkirche zu Allersburg hatten.

Ritter Heinrich, von dem wir außer seinem Grabstein keine weitere Nachricht besitzen, dürfte als Ministeriale in den Diensten des Hochstifts Regensburg gestanden haben. Er gehörte einem Edelgeschlecht an, das sich, wie im Mittelalter allgemein üblich, nach seinem Stammsitz Kutzenhofen benannte. Die Lage des Ortes, der schon früh abgegangen zu sein scheint, konnte bislang nicht ermittelt werden. Das Geschlecht, das sich im 15. Jahrhundert im Raum Neumarkt nachweisen läßt, führte ein blaues Beil auf goldenem Grund im Wappen.

(aus: Der Eisengau - Band 7/1996/Mathias Conrad)



Die Karner im Lauterachtal



Bauwerke aus Gotik und Barockzeit sind in der Oberpfalz allgemein bekannt; so aus der gotischen Zeit der Regensburger Dom, die großen Hallenkirchen in Amberg, Sulzbach und Neumarkt, aus der Barockzeit die bekannten Wallfahrtskirchen in Amberg, Trautmannshofen, auf dem Habsberg und die Klosterkirchen Waldsassen, Speinshart, Ensdorf, um nur etliche zu nennen. Bauwerke aus der romanischen Zeit sind nicht mehr viele vorhanden.

Zu den eigenartigsten romanischen Bauten zählen die Karner, wovon 3 im Lauterachtal zu finden sind: in Allersburg, Pfaffenhofen und Lauterhofen. Beinhäuser sind nicht selten. Das größte ist erhalten in Chammünster mit ungefähr 5000, das zweitgrößte in Greding mit 2500 menschlichen Gebeinen. In früheren Zeiten wurden die unverwesten Gebeine, die aus dem Friedhof ausgegraben wurden, wenn ein neues Grab geschaufelt wurde, in die Beinhäuser gebracht, mit Namen oder Nummern versehen und aufbewahrt. Dieser Brauch ist in neuerer Zeit eingegangen und deshalb sind die meisten der noch bestehenden Karner anderen Zwecken zugeführt worden.

Es liegt ein ganz besonderer Reiz um diese Totenhäuser. Baulich ist ihnen gemeinsam, daß sie aus einer Ober- und Unterkirche bestehen. Die Unterkirche ist die Gruft, das eigentliche Beinhaus. In der Oberkirche war der Altarraum, der dem hl. Michael, dem Führer der Seelen ins Jenseits geweiht war. Unterscheiden können wir Rund- und Langbauten. Die Rundbauten stammen aus der älteren, die Langbauten aus neuerer Zeit, meist aus dem 13. Jahrhundert. Die Sage führt die Rundbauten auf die Römer oder auf Karl den Großen zurück (Rundkirche in Hausbach und Altenfurth b. Nbg.). Viel wahrscheinlicher ist aber die Erklärung, daß die Zentralbauten im altbayerisch-tiroler-fränkisch-böhmischen Raum als Nachbildungen der Heiliggrabkirche in Jerusalem anzusehen sind, was bei ihrer Verwendung als Friedhofskapellen auch am besten entspricht. Die Bauzeit kann demnach in die Zeit der Kreuzzüge gelegt werden.

Der Allersburger Karner ist ein Rundbau. Er war östlich der Kirche an der Friedhofsmauer gelegen. Er ist nur noch zum Teil erhalten und gehört jetzt zum Schulhaus. Gegen Südosten ist die Erkerapsis noch zu sehen, das gegenüberliegende Portal ist zugemauert. Eigenartigerweise wird als Kapellenheiliger St. Leonhard angegeben. Im Gegensatz zum Allersburger Karner sind der Pfaffenhofener und der zu Lauterhofen Langbauten. Sie stammen also aus der späteren Zeit.

Die Pfaffenhofener Friedhofskapelle ist aus Dolomitquadern, wie sie in der dortigen Gegend vorkommen, erbaut. Die Mauerstärke beträgt im Obergeschoß 1,30, im unteren 1,40 Meter. Der Karner enthält sehenswerte romanische Stuckarbeiten, die in Süddeutschland nur selten anzutreffen sind. Bei den Wiederherstellungsarbeiten wurden in dem Obergeschoß des Karners Reste mittelalterlicher Malereien freigelegt. Die Darstellung des Martertodes des hl. Sebastian läßt vielleicht auf den Kapellenheiligen schließen.

Der Lauterhofener Karner ist mit dem Obergeschoß heute ein Teil der Mariahilfskirche, das Untergeschoß ist als Keller in Schulhaus eingebaut. Er zeigte die gleiche Grundrißanlage wie das Beinhaus in Pfaffenhofen und dürfte zu gleicher Zeit erbaut sein (13. Jahrhundert). St. Michael, der Kapellenheilige, ging beim Bau der heutigen Pfarrkirche, ein Werk des Grafen Berengar von Sulzbach, der Friedhofskapelle verloren und an die neue Kirche über. Er ist durchaus mäglich, daß die Marienkapelle die ursprüngliche Pfarrkirche und deren Untergeschoß das Beinhaus war. Was allen drei Karnern gleich ist, ist ihr hohes Alter und auch die umliegenden Siedlungen sind alt, Allersburg wie Pfaffenhofen und Lauterhofen. Oder Chammünster und Greding.

Wundern wir uns, daß sich der Volksglaube mit den Beinhäusern befaßte? Er nennt sie Seelenkerker oder kalte Kirchen. Und betreten wir eines und stehen vor den Gebeinen längst Verstorbener, überläuft uns ein Gruseln und wir beten gerne: Herr, gib ihnen die ewige Ruhe!

(aus: Die Oberpfalz / Januar 1953 / Verlag Michael Laßleben Kallmünz / Text: Gustav Fuchs)


Historische Aufnahmen aus Allersburg:
(zur Vergrößerung anklicken)

           
von links nach rechts:
- Steinerne Jungfrau von Allersburg. Die markante Felsformation wurde Anfang der 60er Jahre
  trotz heftiger Proteste der Allersburger aus Sicherheitsgrünen abgetragen
- 50 Jahre FFW Allersburg. Der Festzug führt durch das prächtig geschmückte Dorf.
- Die Allersburger Kinder im Faschingskostüm. Eine Aufnahme aus den 50er Jahren.
- Luftaufnahme von Allersburg von Süden
- Luftaufnahme von Allersburg von Westen